1949

Artikel 3, Absatz 2 Grundgesetz (GG)

Am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz (GG), die Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland, vom Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder von den Landesparlamenten gewählt worden waren, beschlossen und von den Alliierten genehmigt. Unter den 65 stimmberechtigten Mitgliedern des Parlamentarischen Rats waren vier Frauen: Frieda Nadig (1897–1979), Elisabeth Selbert (1896–1986), Helene Weber (1881–1962) und Helene Wessel (1898–1969). Jede der vier Frauen brachte viele Jahre beruflicher und politischer Erfahrung mit. Sie werden als ‚Mütter des Grundgesetzes‘ bezeichnet, denn sie haben wesentlich zum Entstehen des Grundgesetzes und zu der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beigetragen.
Insbesondere für Elisabeth Selbert gehörte die Gleichberechtigung der Geschlechter ganz selbstverständlich zu den Menschenrechten. Sie war es, die den Gleichheitssatz formulierte und sich in zähen Verhandlungen für seine Aufnahme in das Grundgesetz einsetzte. Allerdings scheiterte der Antrag der Sozialdemokraten, dass die Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in das Grundgesetz aufgenommen wurde, zunächst zwei Mal, da er im Parlamentarischen Rat auf heftigen Widerstand stieß. Es sollte die Formulierung der Weimarer Verfassung übernommen werden: „Männer und Frauen haben dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.“ Jedoch ließ diese Formulierung zu viele Auslegungen zu, weshalb Frauen aus Frauenverbänden, Gewerkschaften und Parteien und nicht zuletzt durch eine beispiellose Postkartenaktion Elisabeth Selberts dagegen protestierten. Ihr gelang es gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen, auch noch die anderen Mitglieder des Parlamentarischen Rates zu überzeugen. So wurde die Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, als Artikel 3, Absatz 2 in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Aber noch blieben alle Gesetze des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) von 1900 unangetastet. In allen Bereichen besaß allein der Mann die Entscheidungsbefugnis.