1957

Aufhebung des „Gehorsamsparagraphen“

Zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs, am 1. Januar 1900, war das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft getreten. Seine Regelungen verankerten die Rechtsstellung der Frau ganz im Sinne des Patriarchats. So entschied in Fragen der Haushaltsführung und der Kindererziehung in Streitfällen der Mann. Arbeitsverträge der Frau konnte er auch gegen ihren Willen kündigen. Und hatte die verheiratete Frau eigenes Geld, so konnte allein der Mann darüber verfügen und ihm allein gehörten die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau. So war in Paragraph 1354 formuliert: „Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu.“ Dieser Paragraph wird deshalb als Gehorsamsparagraph bezeichnet.
Die Aufnahme des Gleichberechtigungsgebots (Art.3, Abs.2) ins Grundgesetz 1949 machte allerdings eine Reform notwendig, die insbesondere diesen Paragraphen betraf. Die dafür festgelegte Frist verstrich jedoch zunächst ergebnislos. Der Unterausschuss ‚Familienrechtsgesetz‘ beschäftigte sich von 1955 bis 1957 mit den aufkommenden Fragen und Änderungen. Am 18. Juni 1957 wurde der ‚Gehorsamsparagraph‘ersatzlos gestrichen.
Das Erste Gleichberechtigungsgesetz trat 1958 in Kraft. Im Vorwort zu diesem Gesetz stand noch zu lesen: „Die vornehmste Aufgabe der Frau ist es, das Herz der Familie zu sein.“ Nach wie vor wurde ihr die Verantwortung für den Haushalt übertragen. Paragraph 1356 lautet: „Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie zu vereinbaren ist.“ Und Paragraph 1360 hält fest: „Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Die Frau erfüllt ihre Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts; zu einer Erwerbsarbeit ist sie nur verpflichtet, soweit die Arbeitskraft des Mannes und die Einkünfte der Ehegatten zum Unterhalt der Familie nicht ausreichen.“
Zu den Errungenschaften dieses Gesetzes zählt, dass Frauen nun ihr Vermögen selbst verwalten durften und auch selbst entscheiden konnten, ob sie berufstätig sein wollten.